Fokusthema Juni 2022Industrie 4.0 gestaltet die Zukunft der Digitalisierung mit

24. Mai 2022

Autorinnen: Sabine Haeßler und Carina Gliese

Die Vernetzung von Mensch, Maschine und Produkt schreitet unaufhörlich voran. Kaum ein Tag vergeht ohne die Ankündigung einer neuen Innovation auf dem Weltmarkt. Maschinen, die miteinander kommunizieren, knappe Materialbestände identifizieren und direkt eine Nachbestellung auslösen, sind längst keine Neuheit mehr. Mit dem Internet der Dinge, Kommunikation von Maschine zu Maschine und Produktionsstätten, die immer intelligenter werden, kommt es zu einer weltweiten Vernetzung über Unternehmens- und auch Ländergrenzen hinweg. Die Digitalisierung ist auch hier das Schlüsselthema – besonders in der Produktion. Die Gefahr für deutsche Unternehmen: Sie verlieren ohne den Einsatz von vernetzten Prozessen, intelligenten Informationstechnologien und digitalen Lösungen schnell den Anschluss an die Zukunft. Das Konzept Industrie 4.0 zielt darauf ab, der deutschen Industrie mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien den Weg für die intelligente Vernetzung von Maschinen und Abläufen zu ebnen. Das gewählte Leitbild 2030 für Industrie 4.0 hebt Souveränität, Interoperabilität und Nachhaltigkeit als zentrale Themen hervor und schafft einen Leitfaden, wie digitale Ökosysteme zukünftig weltweit gestaltet werden können.

Intelligente Vernetzung als Chance

Für Unternehmen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die intelligente Vernetzung zu nutzen, zum Beispiel im Bereich flexible Produktion. Flexible Produktion bedeutet unter anderem eine digitale Vernetzung der oft zahlreichen Unternehmen, die in die Herstellung eines Produkts involviert sind und zu seiner Entstehung beitragen. Durch die Verknüpfung ist eine bessere Abstimmung zwischen allen Akteuren möglich. Die Produktionsschritte können optimal überwacht und gesteuert sowie die Auslastung der Maschinen besser geplant werden.

Ein weiterer Ansatzpunkt ist der Einsatz von Daten in der Produktion. Die Zusammenführung und Auswertung von Daten zum Produktionsablauf und Produktzustand steigern die Effizienz der Herstellung und die Qualität des hergestellten Gegenstands. Außerdem bietet die Analyse von Daten die Grundlage für völlig neue Dienstleistungsmodelle. Ein Autounternehmen etwa kann durch die Ausstattung eines Wagens mit bestimmten Sensoren und den kontinuierlichen Check von übermittelten Daten einen ‚vorausschauenden‘ Service im Autohaus anbieten. Bevor es zu einem Ausfall oder der Abnutzung eines bestimmten Teils kommt, wird das Problem erkannt, gemeldet und behoben.

Interoperabilität: Verknüpfung von Daten und Kommunikation über Produktionsgrenzen hinweg

Doch wie kann das gelingen? Bisher ist es für Unternehmen zeitaufwändig und teuer, die eigenen Maschinen miteinander zu vernetzen und darüber hinaus Daten mit Partnern und Partnerinnen der Wertschöpfungskette auszutauschen. Auch die Auswertung von Daten, die durch die Vernetzung gesammelt werden, bleibt oft auf der Strecke. Für viele mittelständischen Unternehmen oder gar Kleinunternehmen sind die finanziellen Ausgaben oft keine Option. Dabei wäre genau diese Art des digitalen Fortschritts gut für Effizienz- und Profitsteigerung in den Produktionsstätten. Zudem könnten so alle Glieder einer Lieferkette mit minimalem Aufwand zu einem kollaborativen Wertschöpfungsnetzwerk verbunden werden.

Was braucht es dafür? Mehr Interoperabilität. Alle Maschinen, egal in welchem Unternehmen sie stehen und von welchem Hersteller sie stammen, sollen wichtige Informationen als einheitliches Paket und in der gleichen Sprache erhalten und weitergeben können. Der Weg dorthin führt über einen klar strukturierten und standardisierten Informationsaustausch, der nahtlos und auf einheitliche Weise Informationen zwischen allen Akteuren festlegt.

Verwaltungsschale als Umsetzung des Digitalen Zwillings in der Industrie 4.0

Nicht wegzudenken für Informationsaustausch und Interoperabilität sind Digitale Zwillinge. Ein Digitaler Zwilling bildet im Industrie 4.0 Kontext einen physischen, physikalischen oder digitalen Gegenstand (‘Asset‘) in der Produktionsstätte, dem Unternehmen oder der Fabrik virtuell ab. Mit diesem digitalen Gegenstück sind Steuerung und Vernetzung des Gegenstandes sowie Simulationen oder Verbesserungen möglich. Im direkten Zusammenhang damit steht die Verwaltungsschale (engl. Asset Administration Shell - AAS). Sie gilt als die Umsetzung des Digitalen Zwillings in der Industrie 4.0 und speichert in ihrem virtuellen Kern alle wesentlichen Eigenschaften der digital abgebildeten Gegenstände.

Damit die digitalen Abbilder interoperabel sind – also untereinander kommunizieren und Daten austauschen können sowie sich außerdem beim Datenaustausch ‚sprachlich‘ verstehen – brauchen sie zusätzliche Unterstützung. Auch hierbei hilft zum Beispiel die Verwaltungsschale. Die ‚Schale‘ (engl. Shell) wird als standardisierter digitaler ‚Datenstecker‘ eingesetzt. Sie ist die Schnittstelle physischer Produkte zur digitalen und vernetzten Welt und bildet den kompletten Lebenszyklus von Gegenständen ab. Außerdem fungiert die Asset Administration Shell als Punkt, über den Daten und Informationen der Gegenstände für alle Agierenden der Wertschöpfungskette verständlich und standardisiert übertragen werden. Die AAS setzt sich aus vielen verschiedenen Teilmodellen zusammen, die die Eigenschaften und Merkmale des entsprechenden Gegenstandes detailliert beschreiben.

Das Projekt InterOpera setzt genau hier an, indem es die Entwicklung und standardisierte Umsetzung von Teilmodellen der Verwaltungsschale für prioritäre Branchen, Anwendungsfälle und Wissensdomänen vorantreibt.

‚Datenstecker‘ für die Industrie 4.0: Teilmodellprojekte der Verwaltungsschale bei InterOpera - Steinbeis DE (steinbeis-europa.de)

Das ConnectedFactories2 Projekt arbeitet an einer verbesserten Vernetzung europäischer Initiativen rund um digitale Plattformen in der industriellen Fertigung sowie an der Weiterentwicklung und Implementierung von theoretischen Lösungen in der Praxis.

Industrielle Szenarios für vernetzte Fabrik - Steinbeis DE (steinbeis-europa.de)

Ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft – ein Muss

Eine weitere – besonders nachhaltige – Möglichkeit, die digitale Vernetzung zu nutzen, liegt in der   ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft. Prozesse und Produkte werden hierbei auf Basis von Daten und Datenanalysen über ihren vollständigen Lebenszyklus betrachtet. Noch vor der Herstellung eines Produktes wird in seinem Design beispielsweise festgelegt, auf welche Weise die Materialien wiederverwertet werden können. Denn inzwischen wird das weltweite Bewusstsein immer größer, dass wir nicht mehr Ressourcen verbrauchen dürfen als nachwachsen. Um den Ressourcenverbrauch der Menschheit zu verringern, muss unser Wirtschaftssystem darauf ausgerichtet werden, Ressourcen zu schonen und konsequent wiederzuverwenden. Ein essenzieller Teil der Lösung des Ressourcenproblems ist die Kreislaufwirtschaft. Sie verknüpft ökonomische und ökologische Chancen und setzt Materialien und Stoffe nachhaltig so ein, dass sie möglichst lange Nutzen bringen. Im Kreislauf geführte Ressourcen können zudem für weitere Produktionsprozesse zurückgewonnen werden und landen nicht (so schnell) als Müll auf der Deponie. Sie tragen eindeutig über einen längeren Zeitraum dazu bei, dass keine neuen Rohstoffe abgebaut werden und es zu keiner erneuten Umweltbelastung kommt.

Durch intelligente Vernetzung alter Maschinen zur Kreislaufwirtschaft

Ein erster Schritt in Richtung einer industriellen Kreislaufwirtschaft ist die intelligente Vernetzung nicht nur neuer, sondern auch alter Maschinen in der Produktion. Ihre Einbindung in die Smart Production, in der eingebettete Produktionssysteme und dynamische Prozesse von Wirtschaft und Technik vernetzt werden, kann Ressourcen schonen und Überproduktion vermeiden. Das EU-Projekt RECLAIM zeigt auf, wie das funktionieren kann. Auch das EU-Projekt SUSMAGPRO trägt zu diesem Ziel bei, indem es eine Lieferkette für recycelte Seltenerd-Magnete und Materialien entwickelt.

Die Maschinen der Zukunft gestalten - Steinbeis DE (steinbeis-europa.de)

Wie geht es weiter auf dem Weg zur Industrie 4.0?

So komplex das Unterfangen Industrie 4.0 auch ist – manche sprechen bereits von Industrie 5.0 – die Vorteile der intelligenten Vernetzung mit Fokus auf Souveränität, Interoperabilität und Nachhaltigkeit überwiegen deutlich. Neben den oben aufgezeigten Optionen für Unternehmen und Wirtschaft liegen weitere Vorteile auf der Hand: optimierte Warenflüsse durch smarte Vernetzung und Algorithmen, modular aufgebaute Produktionsstraßen, die die Produktivität und Wirtschaftlichkeit verbessern, oder individuelle und kundenzentrierte Produkte, die die perfekte Passform für den Konsumenten haben und über Nutzungsdaten eine stete Verbesserung des Produkts ermöglichen. Einheitliche Normen und Standards stellen hierfür eine wichtige Grundlage dar, genauso wie Anpassungen auf gesetzlicher und gesellschaftlicher Ebene im Bereich Entwicklung, Arbeit, Bildung oder Forschung.

Wir vom Steinbeis Europa Zentrum unterstützen KMU, Industrie 4.0-interessierte Organisationen, Initiativen und Forschungseinrichtungen auf ihrem Weg zur Digitalisierung.

Melden Sie sich gerne bei uns. Gemeinsam gehen wir Ihr Digitalisierungsvorhaben an!

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