Fokusthema Juli 2025Societal Readiness - Innovation für und mit der Gesellschaft

18. Juni 2025
Low-Angle-Fotografie von sechseckigen orangefarbenen und braunen Betongebäuden unter weißen Wolken und blauem Himmel während des Tages, Quelle: adrian-trinkaus -unsplash

Wenn Forschungsergebnisse einen wertvollen Einfluss auf die Gesellschaft haben

Autorin: Regine Wehner

Die EU-Förderung für Forschung und Innovation in den Bereichen Klima, Energie und Mobilität hat eine neue Anforderung eingeführt: die Societal Readiness (Gesellschaftliche Bereitschaft). Acht Ausschreibungsthemen in Horizont Europas Cluster 5 sind derzeit mit dem Societal Readiness Pilot gekennzeichnet. Antragstellende müssen diesen Aspekt berücksichtigen, wenn sie gefördert werden möchten. Während es sich bei der Antragstellung um eine neue obligatorische Anforderung handelt, ist der Kern des Konzepts selbst nicht neu.

Beispiel: Innovative Wegbeleuchtung

Stellen wir uns vor, ein innovatives städtisches Beleuchtungssystem wird entwickelt, das die Straßenlaternen nur dann einschaltet, wenn jemand vorbeigeht. Dies könnte Energie einsparen und reduziert die Lichtverschmutzung, aber ungewollt kann es dazu führen, dass sich die Menschen unsicher fühlen, wenn sie im Dunkeln nicht sehen können, was einige hundert Meter vor ihnen liegt. Dadurch könnte sich das Problem verschärfen, dass einige Personen nachts ungern nach draußen gehen, weil sie sich ohnehin schon im Dunkeln unsicher fühlen. Die gesellschaftliche Teilhabe dieser Personengruppe würde durch dunklere Straßen dann möglicherweise weiter eingeschränkt und somit die Ungleichheit in der Gesellschaft verstärkt. Solche unbeabsichtigten Folgen können die gesellschaftliche Akzeptanz verringern und die Verbreitung der Innovation trotz ihrer technischen Vorzüge behindern.

Relevanz für die EU

Die Unterstützung von Innovationen, bei denen die gesellschaftlichen Auswirkungen nicht ausreichend berücksichtigt werden, schätzt die EU als riskant ein. Wenn die Akzeptanz in der Gesellschaft gering ist oder die Innovation negative gesellschaftliche Folgen hat, werden öffentliche Gelder nicht sinnvoll eingesetzt. Die strukturierte Berücksichtigung gesellschaftlicher Belange kann dieses Risiko mindern, indem sie zu durchdachteren, integrativeren, reaktionsfähigeren und ethisch fundierteren Innovationen ermutigt.

Das Konzept der „Societal Readiness”

Die EU definiert Societal Readiness als „einen Indikator für F&I-Ergebnisse, der zum Ausdruck bringt, dass verschiedene gesellschaftliche Bedürfnisse und Anliegen berücksichtigt wurden, wodurch ihr Potenzial für die gesellschaftliche Akzeptanz und Aufnahme der Ergebnisse in der Gesellschaft erhöht wird“. Man spricht auch von einem gesellschaftlichen Reifegrad, neben dem bekannten technologischen Reifegrad.

Das Konzept der Societal Readiness beschreibt, wie bereit eine Technologie für die Aufnahme und Akzeptanz durch die Gesellschaft ist. Societal Readiness baut auf dem Konzept der verantwortungsvollen Forschung und Innovation (Responsible Research & Innovation, RRI) auf, das seit Jahren in der europäischen Förderpolitik auftaucht. RRI umfasst die Abstimmung zwischen wissenschaftlichem Fortschritt und breiteren gesellschaftlichen Bedürfnissen und Erwartungen - im Wesentlichen zielt RRI darauf ab, für die Gesellschaft und mit der Gesellschaft Innovation zu schaffen. Es fordert Forschende und Innovatoren dazu auf mögliche Folgen zu antizipieren, z. B. in Bezug auf die Umwelt, die Gesundheit, die Wirtschaft oder die Gesellschaft. Außerdem regt es sie an, zugrundeliegende Annahmen, die als selbstverständlich angesehen werden, zu reflektieren, Stakeholder und relevante gesellschaftliche Akteure frühzeitig in F&I-Aktivitäten einzubeziehen, auf neue externe Entwicklungen und Erkenntnisse zu reagieren und bereit zu sein, zu lernen und sich anzupassen.

Societal Readiness in die Praxis umsetzen

Die EU stellt Leitfragen bereit, die Forschenden und InnovatorInnen helfen, über die RRI-Dimensionen nachzudenken. Zum Beispiel: Wer profitiert? Wer trägt die Last? Wie sind diese Gruppen an der Entwicklung der Innovation beteiligt? Welche Konflikte könnten entstehen? Wie könnten die Konflikte gelöst werden?

Dennoch ist der Rahmen flexibel, und Konsortien können für die Anträge eine eigene Methodik entwickeln, um diese Überlegungen einzubeziehen. Eine Koordinierungs- und Unterstützungsmaßnahme (Coordination and Support Action, CSA) begleitet das Vorhaben, um die verschiedenen Ansätze in den acht Pilotthemen zu beobachten und zu bewerten. Vorschläge müssen ausreichende Ressourcen für den Societal Readiness Aspekt vorsehen und alle Partner des Konsortiums disziplinübergreifend einbinden.

Das große Ganze

Die EU möchte das Beste aus der im Rahmen von Horizont Europa finanzierten Forschung und Innovation herausholen. Auch wenn die Einbeziehung von Societal Readiness die Komplexität der Projekte weiter erhöhen und einige Ressourcen von der technischen Entwicklung abziehen könnte, erhöht sie doch die Wahrscheinlichkeit einer bedeutenden und nachhaltigen Wirkung. Sie ermutigt die Forschenden und Innovatoren, ihre Perspektiven zu erweitern, was letztlich zu resilienten, akzeptierten und nachhaltigen Innovationen führt.

Wir helfen den Wert der Zusammenarbeit erhöhen

Horizont Europa Projekte sind in der Regel von Natur aus gemeinschaftlich angelegt, was es ermöglicht, die neue Verantwortung für das Thema Societal Readiness gemeinsam zu tragen. Innovationsförderer wie das Steinbeis Europa Zentrum, die sich bereits dafür einsetzen, die Wirkung der Projekte zu erhöhen, indem sie Forschende und InnovatorInnen bei der Verbreitung der Ergebnisse, der Klärung der Eigentumsrechte an geistigem Eigentum oder der Entwicklung von Geschäftsmodellen unterstützen, sind gut aufgestellt, um die Projektpartner bei der Bewertung der Societal Readiness zu unterstützen.

Societal Readiness steht im Einklang mit unserem Auftrag, einen nachhaltigen und verantwortungsvollen industriellen Wandel in Europa zu fördern. Wir sind entschlossen, dieses Konzept mit Leben zu erfüllen und seine Entwicklung genau zu beobachten.

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Quellen:

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